Roula Khalaf, die Chefredakteurin der FT, den Newsletter der Woche auswählt, in dem ihre Lieblingsgeschichten zu finden sind. In Deutschland sind die Hauspreise im zweiten Halbjahr 2022 am stärksten in den letzten 20 Jahren gefallen, was darauf hinweist, dass ein beispielloser Anstieg der Zinssätze ein abruptes Ende des seit einem Jahrzehnt anhaltenden Booms auf Europas größtem Immobilienmarkt gebracht hat. Der Verband Deutscher Pfandbriefbanken (VDP), der Daten von 700 Kreditinstituten sammelt, gab bekannt, dass die Preise für Wohnimmobilien im vierten Quartal um 1,8 Prozent im Vergleich zum vorherigen Quartal gefallen sind.
Höhere Kreditkosten schrecken viele Europäer vom Kauf eines Hauses ab, was zu einem deutlichen Rückgang der Nachfrage nach Hypotheken führt, was wiederum die Preise senkt und die Mietkosten steigen lässt. Gewerbliche Immobilienpreise fallen in Deutschland und großen Teilen Europas sogar noch schneller, während der Bau neuer Häuser, Büros und Geschäfte ebenfalls stark zurückgeht. In den letzten zehn Jahren sind die Hauspreise in vielen Teilen Europas stark angestiegen. In Deutschland stiegen sie allein in den letzten sieben Jahren um mehr als 60 Prozent.
Die Preise für gewerbliche Immobilien fielen in Deutschland im vierten Quartal, gefolgt von einem Rückgang um 0,8 Prozent zwischen dem zweiten und dritten Quartal, was der erste Rückgang der Hauspreise in Deutschland war, der von den Banken seit 2010 verzeichnet wurde. Schwedische Hauspreise fielen um 13 Prozent, britische Hauspreise um 5,7 Prozent und niederländische Hauspreise um 4,5 Prozent. Deutsche Bankexperten sind der Ansicht, dass selbst wenn die Hauspreise in Deutschland um bis zu 15 Prozent fallen sollten, dies nicht viel Stress für das Finanzsystem oder die Haushalte verursachen würde.
Der Ökonom Jochen Möbert von der Deutschen Bank glaubt, dass der deutsche Immobilienmarkt eher langsam fallen wird, da der Wohnraummangel aufgrund des Bevölkerungswachstums zunehmen wird. Die Europäische Zentralbank hat letzte Woche den Einlagenzins um einen halben Prozentpunkt auf 2,5 Prozent angehoben und angekündigt, ihn nächsten Monat erneut um eine ähnliche Menge zu erhöhen. Die Banken haben darauf reagiert, indem sie die Zinssätze für durchschnittliche neue deutsche Hypotheken von unter 1 Prozent auf fast 4 Prozent erhöht haben. Die Nachfrage nach Hypotheken im Euroraum sank zu Beginn dieses Jahres auf Rekordniveau.