Die deutsche Künstlerin Charlotte Posenenske präsentierte 1967 in der Kleinen Galerie in Schwenningen ihre neuen Werke aus der Serie “Vierkantrohre”. Diese waren rekonfigurierbare Skulpturen aus industriell hergestelltem feuerverzinktem Stahl und konnten von den Konsumenten nach eigenem Geschmack zusammengestellt werden. Anders als viele ihrer minimalistischen Kollegen, vermied es Posenenske, über ihre Kunst zu philosophieren. Stattdessen betonte sie die Veränderbarkeit ihrer Werke und ermutigte die Betrachter, Spaß zu haben. Ihre DIY-Herangehensweise an die Kunst wurde sowohl von Käufern als auch von Kritikern gelobt.
Im Jahr 1968 beendete Posenenske plötzlich ihre künstlerische Tätigkeit, um ein Soziologiepromotionsprogramm zu beginnen und sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Fabrikarbeitern zu engagieren. Ihre Abschiedsadresse, ein Manifest für Art International, kritisierte die Kunstwelt und die begrenzte soziale Funktion von Kunst. Posenenske verstarb 1985 im Alter von 54 Jahren, wurde aber erst posthum als Künstlerin anerkannt. Ihr Werk wird nun in einer Retrospektive im Dia Beacon unter dem Titel “Charlotte Posenenske: Work in Progress” präsentiert, um sie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Posenenske’s Werke, die auf industriellen Materialien und serieller Produktion beruhen, laden zur Teilnahme und Mitgestaltung ein. Ihre Skulpturen waren so konzipiert, dass sie vom Publikum aktiv verändert werden konnten. Diese Tendenz zur Partizipation findet bis heute in verschiedenen Ausstellungen und performative Projekten, die auf ihre Arbeiten reagieren, Anklang. Trotz ihrer Abkehr von der Kunst zugunsten der Soziologie, bleibt Posenenske als Vorreiterin für eine demokratischere und zugänglichere Kunstproduktion bekannt.
Die Ausstellung im Dia Beacon wird zwei Live-Neukonfigurationen von Posenenskes “Series D” präsentieren, die ihre Idee der Replizierbarkeit und kostengünstigen Kunstproduktion unterstreichen. Damit zielt die Ausstellung darauf ab, die Grenzen des Minimalismus zu erweitern und eine aktivere Rolle der Betrachter in der Kunst zu fördern. Posenenskes Werk wird heute für seine politische Verpflichtung, Innovation und sein Interesse an größeren Machtsystemen geschätzt.